Bundessozialgericht: Urteilsbegründung über Werkstattleistungen liegt nun vor

 

Menschen mit Behinderung können Werkstattleistungen im Persönlichen Budget ohne Anbindung an eine Werkstatt für behinderte Menschen erhalten. Die Begründung für dieses Urteil des Bundessozialgerichts vom letzten Jahr liegt nun schriftlich vor.

Das Bundessozialgericht hat in der Urteilsbegründung ausdrücklich die Bedeutung des Persönlichen Budgets hervorgehoben. Menschen mit Behinderung sollen notwendige Leistungen selbst bestimmen und sich frei verschaffen können, dies sei bei der Auslegung der einschlägigen Rechtsgrundlage zu berücksichtigen, so das Bundessozialgericht. Den Klarstellungen des Bundessozialgerichts liegt ein Fall eines Menschen mit sogenannter »geistiger Behinderung« zugrunde, der außerhalb einer Werkstatt für behinderte Menschen ausgebildet wurde. Die Sache wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.

 

Die Urteilsbegründung ist kostenlos im Internet abrufbar.


Copyright © 2011 Der Paritätische - Kompetenzzentrum Persönliches Budget 27.03.2012

 

 


Pressemitteilung des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen vom 20.03.2012


Bundessozialgericht macht Weg frei für Persönliches Budget ohne Anbindung an Werkstätten für behinderte Menschen

Bundessozialgericht macht Weg frei für Persönliches Budget ohne Anbindung an Werkstätten für behinderte Menschen - das berichtete heute der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen. In der jetzt vorliegenden Begründung zu seinem Urteil vom 30. November 2011 werde noch einmal deutlich, "dass Menschen mit Behinderung Werkstattleistungen im Persönlichen Budget ohne Anbindung an eine Werkstatt für behinderte Menschen erhalten können", so Hubert Hüppe. Das Gericht habe damit klargestellt, "dass Leistungen für behinderte Menschen dem Menschen folgen und nicht umgekehrt". Diese Klarstellung ist nach Ansicht Hüppes ein deutliches Signal für mehr selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderung.


Berlin (kobinet) 20.03.2012

Link zur Webseite dieser Pressemitteilung

 

 


 

Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts zum Persönlichen Budget


Die anfängliche Aufregung in der Werkstattlandschaft um das Persönliche Budget hatte sich Mitte des letzen Jahrzehnts gelegt. Der Grund: Das Bundesarbeits- und Sozialministerium vertrat die Rechtsauffassung, nur anerkannte Werkstätten könnten Budgetleistungen erbringen.

Allerdings stand eine höchstrichterliche Stellungnahme zu dieser Lesart noch aus. Die liegt jetzt vor und die Kasseler Richter haben die Sichtweise des Ministeriums nicht bestätigt. Sie urteilten: Leistungen, die in einer WfbM vorgesehen sind, können nicht allein deshalb vom Persönlichen Budget ausgespart werden, weil der gewählten Einrichtung die Anerkennung als Werkstatt fehlt. Seine Vorgabe: Das Gericht habe den im Persönlichen Budget festgeschriebenen Gedanken zu beachten, dem Leistungsberechtigten ein selbstbestimmtes Leben in eigener Verantwortung zu ermöglichen.

Das Bundessozialgericht (BSG) verwies damit das Verfahren um eine Berufsbildungsmaßnahme in einer nicht als Werkstatt anerkannten Gärtnerei an das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht zurück. Entschieden wurde dies in einer mündlichen Verhandlung am 30. November, die schriftliche Begründung steht noch aus. Den Terminbericht des BSG vom 30.11.2011 zu dieser Entscheidung finden Sie hier

 

Dieser Urteilsspruch könnte tiefgreifende Auswirkungen auf die Landschaft der beruflichen Teilhabe haben. Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe, fordert in einer Stellungnahme: "Die Kostenträger sind jetzt aufgerufen, der Klarstellung des Bundessozialgerichts zu folgen und Werkstattleistungen auch ohne Anbindung an Werkstätten für behinderte Menschen zu gewähren. Im Rahmen des Persönlichen Budgets müssen die Leistungen dem Menschen folgen und nicht umgekehrt."

Rechtsanwalt Stephan May von der Hamburger Kanzlei Hohage, May und Partner hat für seinen Mandanten das höchstrichterliche Urteil gegen die Bundesagentur für Arbeit erwirkt. Er weist darauf hin, dass die BA selbst seit geraumer Zeit einen anderen Standpunkt zu dieser Frage vertrete, diese Praxis aber angesichts des gegenteiligen Urteils des LSG Schleswig abgesichert sehen wollte. Und setzt hinzu: "Da viele Arbeitsagenturen im Hinblick auf das Verfahren vor dem BSG keine entsprechenden Budgets mehr bewilligt haben, ist diese nunmehr erfolgte Klarstellung sehr zu begrüßen."

07.12.2011 Kobinet Nachrichten