Bundesweiter Budgettag

 

Für die Beratungsstellen zum Trägerübergreifenden Persönlichen Budget ist jeder Tag im Jahr ein "Budgettag" - bundesweit haben sich die Beratungsstellen für die Umsetzung des Budgets dann aber einmal zusammengetan, um am 26. und 27. Oktober 2012 auf das Budget und seine Rechtsgrundlagen aufmerksam zu machen. In Stuttgart sind wir auf Betroffene, motivierte Dienste und Behörden zugegangen und wurden durchweg interessiert und freundlich reflektiert.

Wir gehen davon aus, dass in Stuttgart sehr viele - wir schätzen einen 5-stelliger Anteil von Betroffenen in der Bevölkerung - als Anspruchsberechtigte noch nichts davon wissen, dass sie aufgrund von persönlichen Herausforderungen einen monatlichen Geldbetrag als Budget nach dem SGB beanspruchen können. Gerade Menschen mit psychischen Traumatisierungen und Senioren, die nicht in stationäre Einrichtungen "verschoben" werden wollen, sind bis heute offensichtlich in ihrem Lebensumfeld noch nicht ausreichend informiert worden. Wir sind mit gemischten Gefühlen begeistert, dass in Stuttgart die Anzahl der Budgets um 50% gesteigert werden soll (laut Sozialamtsleitung von 70 Budgets auf die Anzahl von über 100). Wir gehen jedoch davon aus, dass mehrere Zehntausend Menschen - vor allem Senioren und psychisch herausgeforderte Menschen - bis heute noch nichts von ihrem Anspruch wissen und ihn deshalb nicht geltend machen. Wir freuen uns, dass die Leitungsebene des Sozialamtes mit uns darüber sprechen möchte, wie dies in Zukunft geschehen kann, ebenso wie wir das allen anderen Reha-Träger anbieten. Auch begrüßen wir die Ankündigungen des neu gewählten Oberbürgermeisters, wonach die "Inklusion" herausgeforderter Menschen künftig eine zentrale Rolle im Leben der Landeshauptstadt spielen soll.

Wir halten es für den richtigen Weg, dass Budgetassistenz finanziert wird, die von den Anspruchsberechtigten dann selbst auf der Grundlage freier Vereinbarung in Anspruch genommen werden kann. Die Autonomie der Anspruchberechtigten benötigt nicht amtliche Vorgaben zur Umsetzung ihrer Budgets. Wer unabhängige Budgetassistenz geringschätzt, bringt damit zum Ausdruck, dass die Verwirklichung von Budgets nur im begrenzten Rahmen von den Reha-Trägern gewollt ist - obwohl dadurch eigentlich ein erheblicher Bürokratieabbau in der Sozialverwaltung vorgesehen werden könnte. Dass in Stuttgart ein Bürokratieabbau - wie vom Gesetzgeber beabsichtigt - zugunsten von Budgetleistungen verwirklicht werden könnte - indem die "Fallverantwortung" abgegeben wird an die Betroffenen selbst - ist bis heute noch nicht ersichtlich. Immer wieder entsteht der Eindruck, dass sich die Bürokratie beim Thema Budget zum Aufblühen motivieren lässt und ihre Kompetenz durch "personenzentrierte Bedarfsüberprüfungen" zur Auswirkung bringt. Die Logik der bürokratischen Korrektness dabei funktioniert hier allerdings nach etwas anderen Verläufen wie es sich die betroffenen Menschen wünschen, wenn diese sich ihre Eigentverantwortung und Autonomie auf der Grundlage der UN-Konvention 61-106 vor Augen führen. Wir fordern die Sozialverwaltung auf, die Bewilligungsverfahren mit dem Fokus auf die Rechtsansprüchlichkeit zu betreiben und den "Personenzentrierten Ansatz" dabei nicht in der Weise zu sehr zu überspannen, dass betroffene Menschen dadurch persönlich zermürbt werden. Die Hindernisse bei der Umsetzung von Budgets sind aus unserer Sicht nicht mit der UN-Konvention 61-106 - als geltendes Recht in Deutschland - vereinbar.

Wir sind zuversichtlich, dass die kommende Entwicklung zahlreiche Menschen dazu veranlassen wird - mit Unterstützung einer unabhängigen Budgetassistenz - ihre Rechtsansprüche zu verwirkichen, indem sie in den Genuss einer Budgetbewilligung kommen.

 

 

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